Goslar, wo Kaiser ihr Herz verlieren

Christina/ Mai 1, 2022/ Alltagsgeschichten, Kultur

An diesem Sonntag (24.4.2022) gibt es etwas zu feiern: Nach über einem Jahrzehnt des Umbaus öffnet das Historische Rathaus von Goslar den Besuchern seine Tore. Und obgleich ich schon einige Male, auch als Kind, in der Welterbestadtgewesen bin, so muss ich gestehen, dass ich dieses Kleinod am Mittelgebirge noch einmal für mich neu entdecken durfte. Bereits jetzt erwacht in mir die Hoffnung, dass in diesem Jahr vielleicht wieder der schöne Markt mit dem Weihnachtswald stattfinden kann. Aber das ist noch Zukunftsmusik, heute geht es zunächst um das Stadtjubiläum 1100 Jahre Goslar.

Vor dem Vergnügen kommt der Schweiß
Am Freitag erinnert mich mein Handykalender an ein ganz besonderes Ereignis: Nach 11 Jahren Umbau öffnet das historische Rathaus von Goslar an diesem letzten Tag der Woche seine Tore. Der Termin passt wunderbar zum 1100-jährigen Stadtjubiläum und ist mit einem verkaufsoffenen Sonntag verbunden. Aber bevor wir uns dem Kunstgenuss und vermutlich auch ein paar Gaumenfreuden widmen, wollen wir uns zuerst die Füße vertreten. Der Morgen beginnt mit herrlichem Sonnenschein und blauem Himmel, ein Wetter, das uns zur Wolfswarte im Harz lockt. Klar ist das nicht mein erster Besuch auf dem Bruchberg.

Ist der Rundweg vom Parkplatz Hedwigsblick auch nur fünf Kilometer lang, so ist zumindest der Aufstieg vom Clausthaler Flutgraben nicht ohne. Kaum haben wir unsere Wanderung gestartet, so bin ich schon wieder fasziniert von der Schönheit der Landschaft und ihrer mystischen Aura. Auch wenn mir die zahlreichen abgeholzten Bäume und die kahlen Stellen im Harz in der Seele weh tun, so kann ich nicht anders als mich in diesem Moment glücklich zu fühlen. Lustig plätschert das kühle Nass des Wassergrabens neben uns, während nur ein paar Meter weiter oben die letzten Schneereste in der Frühlingssonne schmelzen.

Gipfelpanorama
Wir kraxeln zur Wolfswarte hoch und genießen den recht kühlen Wind auf den Steinen, der unsere erhitzen Körper wieder auf die Normaltemperatur zurückbringt. Es ist eine Augenweide, wie sich das Grau der Steine von dem stahlblauen Himmel abhebt. Und selbst hier im recht kühlen Oberharz schlagen die Bäume bereits kräftig aus. Nachdem wir unsere Umgebung ausgiebig bewundert haben, wählen wir den Butterstieg für unseren Rückweg. Der Weg ist schmal und recht steil, aber der Waldboden ist angenehm weich und federt bei jedem Schritt wunderbar nach.

Fast auf der Ausgangshöhe angekommen, erfreuen wir uns an den sonnenbeschienenen, moosbewachsenen Bäumen am Wegesrand, die an einen Märchenwald erinnern. Fehlen nur noch Schneewittchen und die sieben Zwerge. Nach dieser wundervollen Kurztour fahren wir nach Goslar weiter. Wir parken etwas außerhalb, in der Nähe des Weltkulturerbes Rammelsberg. Sei es Zufall oder nicht, auf dem Weg in die Innenstadt kommen wir an der Kaiserpfalz vorbei. Hier werden Erinnerungen aus meiner Kinderzeit wach. Ich weiß noch, wie ich hier das erste Mal mit meinen Eltern war und den Worten meines Vaters gelauscht habe, um alles über Barbarossa und seine Zeit zu erfahren. Und auch heute wieder bin ich vom Prachtbau Kaiser Heinrichs II. fasziniert.

Weiter unten passieren wir die Domvorhalle und die Königsbrücke. Dann erreichen wir schließlich den historischen Marktplatz und somit das Rathaus von Goslar.

Elf Jahre und 14 Millionen
Elf Jahre hat der Umbau des Rathauses gedauert, 14 Millionen hat er gekostet. Das ist eine ganze Menge Holz. Was daraus geworden ist? Genau das wollen wir uns jetzt anschauen. Bevor wir die Räume betreten werden wir bereits auf Personen mit historischen Kostümen aufmerksam, die entweder Glücksräder drehen oder den Besuchern den coronakonformen Weg in das Rathaus weisen. Drinnen ist es recht voll. Jeder Zweite, ob alt oder jung, hat mindestens einen Jubiläumsluftballon in der Hand.

Wir gehen zunächst in den Keller und sehen uns das Welterbe-Informationszentrum im ehemaligen Ratskeller an. Leider ist es hier etwas zu voll, um sich in Ruhe einen Überblick zu verschaffen. Also konzentrieren wir uns auf das Herzstück des Gebäudes, den Huldigungssaal. Der Saal entstand im 16. Jahrhundert und ist ein wahres Juwel spätgotischer Raumkunst. Der Weg führt über das ehemalige Ratsarchiv, da der Saal selbst nur durch eine Glasscheibe begutachtet werden. Der Raum ist wirklich etwas Besonderes mit seinen Wand- und Deckenmalereien.

Goslar ist wie ein Hollywood-Film, nur echt
Es stand in der Zeitung “die Welt”, dass Goslar einem Hollywood-Film entsprungen sein könnte. Kaiser und Könige wirkten hier, George Clooney drehte einen Film, Johann Wolfgang von Goethe kam zu Besuch. Über 1500 Fachwerkhäuser machen die Stadt im Harz zu einer unwirklich schönen Kulisse. Und so ist es der mittelalterlich Kern der Altstadt, der uns begeistert als wir gut gestärkt den Heimweg antreten und die hollywoodreife Kulisse auf uns wirken lassen.

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