Schladen: wo die Fuze fehlt

Christina/ August 25, 2020/ Alltagsgeschichten

Auf meiner letzten Tour im Braunschweiger Land hatte ich den Radweg nach Schladen entdeckt. Laut Kilometerangabe sollte der kleine Ort nur 13 km von Wolfenbüttel entfernt sein, also durchaus von Braunschweig als Tagestour machbar. Allerdings hatte ich zwei Dinge nicht einkalkuliert: Zum einen den sehr strammen Gegenwind an dem Tag. Zum anderen war mir nicht klar, dass Schladen so klein ist, dass es nicht einmal eine Fußgängerzone (kurz: Fuze) hat. Da ist meine Gleichung, wo es eine Schlangenfarm gibt, kann die Amüsiermeile nicht weit weg sein, nicht ganz aufgegangen. Vielleicht hätte ich mich doch vorab über Schladen informieren sollen?

Dafür hat uns unterwegs aber die Begegnung mit dem Archäologie- und Landschaftspark Kaiserpfalz Werla positiv überrascht. Darüber hinaus hätte ich weder Elefanten noch King Kong in Heiningen vermutet. Zum Schluss entdecken wir schließlich, dass das Leben doch ein Ponyhof ist – na also, besser kann es doch gar nicht laufen.

Volle Breitseite
Der Radweg von Braunschweig nach Schladen ist nicht wirklich anstrengend oder gar herausfordernd – es darf eben nur nicht stürmisch sein. Das steile lange Stück kurz vor Werlaburgdorf hat es wirklich in sich. Immer wieder erwischt uns eine volle Breitseite. Wir kämpfen gegen den Wind an, der nach fast zwei Stunden Fahrt doch so langsam demoralisierend wirkt. Aber egal, wir haben ein Ziel vor Augen und noch wissen wir nicht, dass aus dem gemütlichen Kaffeetrinken in der nicht vorhandenen Innenstadt von Schladen nichts wird.

In Werlaburgdorf angekommen wundern wir uns noch über das Hinweisschild zur “Lady’s Island”, da wohnt wohl ein Irlandfan. Gleich hinter dem Dorf aber erleben wir eine veritable Überraschung. Hm, das ist doch eine Burg am Horizont? Wir fahren auf den steinernen Turm zu und erreichen den Geopark Schladen-Werla. Bereits kurz vor der Kernburg sehen wir erste Informationstafeln. Ach, der Barbarossa aus Goslar, also Kaiser Friedrich, ist auch mal hier gewesen? Sieh einer an.

Wir schauen uns auf dem Gelände die Kernburg an und fahren dann weiter Richtung Schladen. An der nächsten Informationstafel begegnen uns zwei Ehepaare auf E-MTBs. Ich frage nach dem Weg. Einer der Ehemänner erteilt Auskunft und gibt uns gleich noch einen Tipp. In Schladen gebe es die beste Eisdiele Norddeutschlands, man selber fahre des Öfteren von Wolfenbüttel dorthin, um die eine oder andere Kugel der leckeren Eiscreme zu genießen. “Wenn Sie nach Schladen reinkommen, fahren Sie an der Ampel links. Da ist dann gleich die Eisdiele (und sonst nichts, hätte er noch hinzufügen können).”

An der Niedersächsischen Mühlenstraße
Gesagt getan. Wir kämfen uns zum Ortseingang vor und gelangen zum Heimathaus in Schladen. Das Fachwerkhaus und die ehemalige Mühle sind Teil der Niedersächsischen Mühlenstraße. Na immerhin. Und gleich um die Ecke wird es noch geschichtsträchtiger: Ein Gedenkstein erinnert an die Gründung des Deutschen Reiches 1871.

Sie können noch zum Rewe gehen
Allerdings hat Schladen damit seine Möglichkeiten ausgereizt. Wir fahren an der Ampel dann tatsächlich links und entdecken sogleich die als legendär angekündigte Eisdiele. Also, optisch gibt die gleich mal gar nichts her. Die Gelateria liegt zum einen direkt an der Straße, zum anderen sitzt man auf Plastikstühlen. So richtig verlockend ist das nicht. Da muss doch noch mehr sein. Wir fahren ein Stück die Straße herunter. Ich spreche einen älteren Herrn auf dem Fahrrad an und frage, ob es hier so etwas wie eine Fußgängerzone gibt. Der Mann schaut mich verwirrt an. “Nee”, sagt er, “hier ist nichts. Da vorne ist noch ein Rewe, da ist auch ein Café drin. Das war’s.” Da sagt er uns die grausame Wahrheit direkt ins Gesicht.

Wir drehen um und geben der vermeintlich besten Eisdiele Norddeutschlands eine Chance. Kurzum: Wir werden keine Fans, sind aber dennoch froh, dass wir überhaupt ein Plätzchen zum Hinsetzen gefunden haben. Nach einem Päuschen schwingen wir uns wieder auf’s Rad und treten den Heimweg an. Die Hoffnung, auf dem Rückweg Rückenwind zu haben, erfüllt sich leider nicht.

Gorillas im Nebel
Eine weitere Überraschung erleben wir auf der Höhe von Heiningen. In einem Gartengrundstück steht nicht nur eine Familie aus Plastikelefanten. Auch King Kong ist hier mit seiner typischen Drohgebärde ausgestellt. Was ist das? Serengeti im nördlichen Harzvorland? Wir schmunzeln. Als wir wieder in Braunschweig sind erleben wir in der Nähe des Südsees noch das abendliche Ponyhoffeeling: Ein paar junge Pferde tollen auf einer Koppel herum und machen Späßchen. Ein schöner Abschluss einer anstrengenden aber letztendlich interessanten Tour.

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