Corona-Tagebuch: Der Windturm – Al Bagdir

Christina/ Juni 4, 2020/ Alltagsgeschichten

Auf einem Feldweg zwischen Groß Gleidingen und Broitzem steht ein Turm. Das ist vielleicht erst einmal nichts Besonderes. Für mich schon. Das Bauwerk hat mich bereits bei unserer ersten Begegnung fasziniert, weil es mich aus der Entfernung und mit etwas Fantasie an die „Bagdirs“ der arabischen Halbinsel erinnert. Vermutlich ist das Gebäude nur ein Silo, aber für mich ist es eben ein Windturm. Jetzt fragt ihr euch vielleicht, was denn ein Bagdir ist?

Traditionelles Belüftungssystem
Bei einem Bagdir handelt es sich um ein traditionelles, persisches Belüftungssystem, wie man es oft auf der arabischen Halbinsel antrifft, so zum Beispiel in Dubai oder im Oman. Die Funktionsweise dieser Zirkulationssysteme ist nicht nur genial sondern auch schön. Es sind Klimaanlagen, die im Gegensatz zur postmodernen Variante, weder klimaschädlich sind, noch als hässlicher Kasten am oder im Haus daherkommen und im Grunde genommen nichts anderes tun, als einem kalte Luft ins Gesicht zu pusten. Da lobe ich mir doch die arabische Variante, auch wenn sie heutzutage oftmals nur noch in den traditionellen Altstadtvierteln anzutreffen ist.

Klimafreundlicher Wärmeaustausch
Klassische Windtürme überragen ein Haus um fünf bis sechs Meter. Sie sind entweder aus Stein, Lehm oder Holz erbaut, also Naturmaterialien. Der Turm ist nach oben hin offen, so wird Luft in das Innere des Bauwerks und somit in die Räume des Gebäudes geleitet. Aus diesem System ergibt sich über den Wärmeaustausch eine deutlich kühlere Temperatur innerhalb des Hauses – ganz natürlich durch den so genannten Kamineffekt.

Fantasiereisen in Zeiten von Corona
Mit etwas Fantasie kann ich bei meiner Fahrradtour und dem Anblick meines Windturms für kurze Zeit gedanklich auf die arabische Halbinsel reisen. Ich erinnere mich dabei besonders gerne an meinen Urlaub im Oman. Der Oman, so wie ich das Land erlebt habe, ist eine ganz eigene Welt, ohne Massentourismus, mit sehr freundlichen und zurückhaltenden Menschen. Durch sein vorgelagertes Fjord im Norden, seine faszinierende Bergwelt und die schönen Strände am indischen Ozean im Süden ist der arabische Staat zudem ein sehr vielfältiges Land. Ich erinnere mich an eine Geschichte, die mir besonders in Erinnerung geblieben ist. Wir saßen in einem Straßenrestaurant und haben Prawns gegessen. Als wir das Lokal verlassen haben und schon fast wieder beim Hotel waren (was ca. 20 Minuten zu Fuß entfernt war) ruft plötzlich jemand nach uns. Es war ein Omani, der mir meine Kamera brachte, weil ich diese über dem Stuhl hatte hängen lassen. Das hat mich sehr berührt. Ich bin mir nicht sicher, ob mir Ähnliches in Europa passieren würde.

So genieße ich mein kleines Windturm-Paradies in Braunschweig und träume mich in ferne Welten. Probiert es mal aus, vielleicht entdeckt ja auch ihr in eurer Stadt ein besonderes Bauwerk, das euch an euer Lieblingsurlaubsland erinnert. Ich wünsche euch viel Spaß und Freude dabei.

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