Corona-Tagebuch: Zu Besuch im Stift Steterburg

Christina/ Juni 13, 2020/ Alltagsgeschichten

Warum es sich lohnt, mal nicht links abzubiegen, erzähle ich euch heute. Neulich bin ich an der Kreuzung zwischen Salgitter-Thiede und Rüningen aus Neugier geradeaus gefahren. Zunächst passiere ich Geitelde und erreiche von dort aus Steterburg. Da sehe ich auch schon das Schild zum Kloster. Ein Zufallsfund sozusagen. Jetzt bin ich neugierig. Was ich an dem Tag entdeckt habe und warum ich gestern wiedergekommen bin, darüber könnt ihr heute lesen.

Sind Sie katholisch oder evangelisch?
Von der Straße geht es zunächst in einen kleinen Stadtwald. Es ist recht schwül draußen, es geht leicht bergan, ich schwitze. Da sehe ich einen älteren Herren sein Rad bergauf schieben. Den spreche ich mal an. Sichtlich erfreut darüber mit jemandem ins Gespräch zu kommen, holt der nette Mann richtig aus als ich ihn nach dem Kloster Steterburg frage. “Sind Sie katholisch oder evangelisch” fragt er mich als erstes. “Nichts von beidem” antworte ich etwas verwirrt. Wozu die Frage nach meiner Religionszugehörigkeit? Dann kommt die Auflösung: Es gibt am Ende des Weges das ehemalige Kloster Steterburg, das in katholischer Hand ist. Rechts davon, ein Stückchen entfernt, liegt das Stift Steterburg, eine evangelisch-luthrische Kirche.

Kleine Stippvisite
Nach der kleinen Geschichtsstunde fahre ich geradeaus zum ehemaligen Kloster weiter. Leider habe ich an dem Tag keine Kamera dabei, deshalb entschließe ich mich dazu, das Stift nicht mehr zu besuchen und an einem anderen wiederzukommen. Das war nun gestern.

Diesmal bin ich gut ausgestatte. Mit Handy- und Digitalkamera im Rucksack geht es los. Durch herrliche Mohnfelder und vorbei an “meinem” Windturm schlage ich den Weg nach Salzgitter-Thiede und damit nach Steterburg ein.

Eine Oase der Ruhe
Das Kloster habe ich schnell wiedergefunden, jetzt suche ich den Weg zum Stift. Ein paar Minuten später ist es soweit. Und ich werde nicht enttäuscht. Das Gelände des Stifts, übrigens ein ehemaliges Schloss, ist herrlich. Es ist eine Oase der Ruhe mitten in der Stadt. Ich genieße die Stille und atme tief durch, lasse den Ort auf mich wirken. Im Innenhof steht ein besonders schön gewachsener Baum. Leider ist die Stiftskirche an dem Tag nicht zugänglich, aber das schmälert die Freude am Besuch nur gering. Nachdem ich alle Gerüche und Farben und vor allen Dingen die Stille abseits der Straße in mich aufgesogen habe, trete ich den Weg nach Wolfenbüttel an. Über Feldwege geht es Richtung Leiferde und von hier fahre ich ganz idyllisch an der Oker entlang. Am Wehr erlebe ich eine weitere Überraschung.

Eine Kindheit im Okerschlamm
Ich bin auf der Suche nach einem guten Seerosenfoto. Da entdecke ich plötzlich mitten im Oker-Slum ein Vogelpärchen (oder Enten?), das gerade sein Junges füttert. Fasziniert nähere ich mich der Szene ganz vorsichtig. Der Kloakencharakter der Stelle erinnert mich irgendwie an den indischen Slum Dharavi in Mumbai. Oh je, denke ich, hier müssen die Entenkinder im Slum aufwachsen. Ja, es ist einfach schade, dass die Menschen alles zumüllen müssen. Die Szene, wie die Vogelmutter Nahrung für ihr Kleines sucht und damit füttert, rührt mich an. Nach einer Weile lasse ich die drei wieder alleine.

Positiv gestimmt von diesem Naturschauspiel trete ich meinen Heimweg an. Es lohnt sich wirklich, mal die ausgetretenen Pfade zu verlassen und wahrzunehmen, was links und rechts geschieht.

Ausbeutung am laufenden Band
Zum Schluss fahre ich auf dem Ringgleis. Hier hatte ich bereits vor einiger Zeit ein Stoffbanner entdeckt, dass die miesen Zustände in der Fleischindustrie (zurecht) anprangert. Tja, denke ich, wenn es mal “nur” die fleischverarbeitende Industrie wäre, die ihre Arbeiter ausnutzt …

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