Corona-Tagebuch: Der Tod lauert im Lechlumer Holz

Christina/ Juli 19, 2020/ Kategorien

Wer im Mittelalter nicht spurte, konnte leicht unter die Räder kommen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Einer der gefährlichen Hotspots im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel muss seinerzeit das “Lechlumer Holz” gewesen sein, genauer gesagt die Richtstätte dort. Und da ging es mal wirklich nicht zimperlich zu. “Enthauptungen und Entführungen, das ist nur Business. Eine Frage der Reputation.” So oder so ähnlich mag das Credo für das “Hohe Gericht” am Lechlumer Holz gelautet haben. Wer sich einmal die Schautafel vor Ort durchgelesen hat wird spätestens jetzt froh sein, in einem Rechtsstaat zu leben. Nach so viel Brutalität musste ich mich im Anschluss Schönem widmen: Einem Besuch bei Marli und Bella. Zum Abschluss gab es dann am Südsee noch eine romantische Szene: eine Schwanenfamilie präsentierte stolz ihren Nachwuchs. Na siehste: alles wird gut!

Das “Hohe Gericht” am Lechlumer Holz
Wer hier in Ungnade fiel, hatte definitiv nichts (mehr) zu lachen. Die Erhebung am Lechlumer Holz war die Hauptrichtungsstätte im Fürstentum. War man hier gelandet, dann wurde es ernst. Wenn man Glück hatte, landete man gleich am Galgen und wurde nicht zuvor gefoltert. Nach dem Tode blieb der Körper dann zur Abschreckung bis zur Verwesung hängen. Aber das hat derjenige dann nicht mehr mitbekommen. Es muss aber bestialisch gestunken haben.

Interessant auch, dass sich die Handwerker seinerzeit dagegen gewehrt haben, diese Galgen zu bauen und schließlich mit Nahrungsmitteln und Getränken bestochen werden mussten. An dieser Stelle kommt auch nochmals das Thema der “Hexenverbrennungen” hoch. Ich berichtete bereits bei meinem Ausflug nach Harxbüttel von dieser scheußlichen Praktik. Der Fürst Heinrich Julius (1589-1613) muss sich hier wohl als besonders schlimmer Finger hervorgetan haben. Laut der Geschichtsschreibung wurden an einem Tag schon mal 10-12 Hexen und Hexenmeister verbrannt. 1759 wurde die Hinrichtungsstätte dann vom Lechlumer Holz auf den Wendesser Berg verlegt. Selbst heute reicht der Besuch der Richtstätte noch manch einem aus, um das Fürchten zu lehren. Mir jedenfalls läuft es bei der Lektüre der Schautafel und den Bildern eiskalt den Rücken herunter.

Ein Käfig voller Narren
Nach so viel Brutalität dürstet es mich nach etwas Schönem, etwas Heiterem. Und welche Abwechslung könnte schöner sein, als zwei zu Streichen aufgelegten Kakadus zuzuschauen? Bei meiner Ankunft schmettert mir schon ein fröhliches “Hallo” entgegen. Na bitte, es geht doch.

Marli ist inzwischen zwangsverheiratet worden. Er und seine Frau Bella befinden sich deutlich in der Eingewöhnungsphase: man ignoriert sich. Virgina Woolf lässt grüßen. Intensives Interesse dagegen zeigt Marli sowohl an meiner Kamera als auch an meinem Handy. Immer wieder kommt seine Kralle durch das Gitter und greift nach meinen Geräten. Dazu setzt der Kakadu einen flehentlichen Blick auf: “Ach komm, sei nicht so”, scheint er zu denken. Währenddessen macht Bella Faxen und hängt wie eine Fledermaus vom “Dach” des Geheges. Die beiden bringen mich wirklich immer wieder zum Lachen und schnell sind die Gräueltaten am Lechlumer Holz vergessen.

Stolzes Schwanenpaar auf dem Südsee
Auf meinem Rückweg nehme ich am Südsee noch eine fast kitschig-romantische Szene wahr: ein Schwanenpaar präsentiert den Zuschauern am Ufer des Sees stolz seine Nachkommen. Ein Ambiente wie vom Wiener Opernball, die stolzen Eltern führen ihre Jüngsten in die Gesellschaft ein. Es wirkt fast wie ein Defilee, alle Beteiligten agieren sehr anmutig und selbstbewusst. Der Abschluss eines schönen Ausflugs.

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