Corona-Tagebuch: Wanderung um den Geiseltalsee

Christina/ November 23, 2020/ Alltagsgeschichten, Kultur

Wie das immer so ist, versprechen die Werbebroschüren der Tourismusinformationen das Blaue vom Himmel. In der Broschüre Naturerlebnis Saale-Unstrut war mir der Geiseltalsee mit seinen Wandermöglichkeiten ins Auge gefallen. Das Gewässer wartet dabei mit einem Superlativ auf, denn schließlich soll es sich hierbei um den größten künstlich angelegten See Deutschlands handeln. Ein 26 km langer Rundweg zieht sich um den See. Für die Umrundung wollen wir unsere Fahrräder nutzen. Da dieser Samstag aber ungewöhnlich kalt ist (morgens -1 Grad, tagsüber 6 Grad), ist uns die Drahteselvariante zu kühl, sodass wir das Gebiet per Pedes erobern wollten. Und obwohl der Start etwas holprig ist, hat uns die Tour richtig gut gefallen und wir haben viel Neues gelernt.

Wir wollen hoch hinaus
Nachdem wir uns eine Stärkung beim örtlichen Bäcker besorgt haben, starten wir unseren Rundweg bei der Marina von Mücheln. Wir sind zunächst etwas ernüchtert, da der Wanderweg zum einen auf dem asphaltierten Radweg verläuft. Zum anderen ist das Ambiente zunächst sehr nüchtern, von der Natur ist erst einmal nicht viel zu sehen.

Wir behalten aber unsere Motivation bei, die wir uns auf der Hinfahrt aufgebaut haben. Da sind wir nämlich am Schloss Neuenburg bei Freyburg vorbeigekommen. Wie es da so prächtig von der Sonne angestrahlt auf dem Berg thront, das ist schon eine fantastische Augenweide. Und dann noch die Weinberge dazu. Da ging das Geknipse schon wieder los. Mit den ersten Bildern im Kasten starten wir und kommen bereits nach kurzer Zeit zum ersten der drei Aussichtstürme namens Pauline; zwei weitere befinden sich auf der Wanderstrecke. Alle drei Türme sind jeweils 15 m hoch. Wir werfen zunächst einen Blick in den Waldkindergarten und besteigen dann bei Stöbnitz den ersten Turm. Schnell stellen wir fest, dass es hier oben nicht nur kalt sondern auch verdammt windig ist. Zügig schieße ich ein paar Fotos von Mücheln und der Marina, dann geht es weiter.

Die überbaggerten Dörfer vom Geiseltal
Der Weg führt uns weiter Richtung Wünsch. Ab und zu überholen uns ein paar Radfahrer, viel los ist bei diesem sonnigen aber kalten Wetter nicht. Dann kommt uns eine ältere Dam praktisch aus dem Nichts entgegen. Kurze Zeit später sehen wir ein angeschlossenes Mountainbike, das wird doch nicht der alten Damen gehören? Wir erreichen Wünsch und entdecken die Ausschilderung für den Weinberg. Jetzt ändert sich die Landschaft, hier wird es richtig schön und interessant dazu.

Nach einem steilen Anstieg erreichen wir ein historisch wirkendes Gebäude. Wir sehen Informationstafeln. Hierbei handelt es sich um eine Gedenkstätte für die 16 Dörfer, die dem Bergbau einst haben weichen müssen. Ein Fußbodenmosaik erinnert an die überbaggerten Dörfer im Geiseltal. Insgesamt 12.500 Menschen wurden zwischen 1929 bis 1975 umgesiedelt.

Eine Straußwirtschaft der Superlative
Von der Gedenkstätte geht es direkt in den Weinberg. Wir gelangen zu einer Straußwirtschaft der Superlative. Die Gaststätte liegt auf ca. 215 m und überblickt die Weinberge und den See. Von den Holzbänken aus hat man eine wirklich tolle Aussicht und kann unter normalen Bedingungen neben einem guten Tröpfchen ein paar Leckereien genießen. Heute ist natürlich alles geschlossen. Es stellt sich kurz eine gewissen Sehnsucht nach Normalität ein.

Auf einer Übersichtskarte entdecken wir unseren Standpunkt und entwickeln das Gefühl, dass wir nach gut 2,5 Stunden noch gar nicht so weit vorangekommen sind. Wir zweifeln, ob der Rundweg wirklich „nur“ 26 km lang ist. Wir erkundigen uns bei einem entgegenkommenden Ehepaar. Diese bestätigen die Kilometerzahl und sagen, dass wir fast die Hälfte des Weges geschafft hätten. Das gibt uns ein wenig Auftrieb, weiter geht’s.

Glühwein am Wegesrand
Die Landschaft bleibt schön, ebenso wie das Wetter. Das einzige, was uns noch fehlt wäre ein guter Glühwein. Unglaublich aber war, an der nächsten Ecke auf der Höhe von Frankleben stehen sie plötzlich vor uns: Die Glühweinwägen. Manche Wünsche gehen eben schnell in Erfüllung. Bei der Kälte kommt das wärmende Getränk gerade richtig und stärkt uns für die restlichen zwei Stunden.

Nach 1,5 Stunden erreichen wir die Marina von Brunsbedra. Diese Marina ist schöner angelegt als die von Mücheln, jedenfalls für unseren Geschmack. An dieser Stelle steht ein weiterer Aussichtsturm. Leider ist dieser ab der Hälfte gesperrt, gibt aber trotzdem einen schönen Blick auf die Umgebung frei. Die Dämmerung hat bereits eingesetzt und taucht den Hafen in ein sehr schönes Licht, in der Ferne ist sogar ein Regenbogen zu sehen.

Wir haben noch ungefähr eine Stunde vor uns, um zur Marina Mücheln zurückzukommen. Langsam wird es dunkel und die bisherigen Kilometer stecken uns in den Knochen. Wir halten aber durch und motivieren uns mit dem Gedanken an ein schönes Abendessen. Türkisch, asiatisch oder griechisch? Wir erreichen Mücheln, jetzt kann es nicht mehr weit sein. Eine Viertelstunde später sind wir wieder am Auto.

Die historische Altstadt von Mücheln
Wir fahren Richtung Ortsausgang und entdecken die Ausschilderung zum historischen Ortskern. Das macht uns neugierig, ob sich der Abstecher wohl lohnt? Wir probieren es aus. Tatsächlich hat Mücheln ein paar schöne Gebäude zu bieten und einen Inder. Sollen wir indisch essen? Hm, das Essen wird ja unterwegs kalt. Wir entscheiden uns dagegen. Wir fahren also weiter und kommen nochmals zur Neuenburg bei Freyburg. Jetzt in der Dunkelheit ist die Burg wunderschön beleuchtet. Das muss ich noch schnell ablichten.

Als wir wieder in Bad Kösen sind meldet sich doch langsam der Hunger. Wir entscheiden uns schließlich für den Griechen der Stadt und genießen bei einer Flasche Wein einen richtig schönen Abend. Der perfekte Ausklang eines gelungenen Tages.

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