Corona-Tagebuch: Freyburg und der Schweigenberg-Rundweg

Christina/ Dezember 1, 2020/ Alltagsgeschichten

Diesmal geht es um Liebe auf den ersten Blick: Als wir Sonntagvormittag in Freyburg auf dem Schützenplatz eintreffen sind wir sofort begeistert. Der Ort ist nicht nur schön, er hat auch viele interessante Wanderrouten zu bieten. Auf dem Wanderparkplatz wählen wir spontan den Schweigenberg-Rundweg aus und bereuen diese Entscheidung keine Sekunde. Zscheiplitz mit seiner Klosterkirche kann getrost als Highlight bezeichnet werden und das nicht nur aufgrund seiner Lage auf dem St. Martin Berg. Der Blick von dort oben ist schlicht und einfach überwältigend. Und auch für weihnachtliche Gaumenfreunden wie einen Winzerglühwein ist gesorgt.

Kaffee zum Wachwerden
Im Internet hatte ich gelesen, dass der Schützenplatz in Freyburg ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen aller Art sei. Bereits zuvor war ich in dieser Woche in der Nähe von Freyburg gewesen, nämlich auf der Neuenburg. Da ich von der Gegend derart begeistert war und hier zudem diverse Winzer ihre gekelterte Ernte vertreiben ist das Ziel unseres Sonntagsausflug schnell ermittelt.

Vom Wanderparkplatz geht es zunächst Richtung Altstadt. Wir kommen an der Gedenkstätte von Turnvater Jahn vorbei, passieren das Weinhotel und erreichen schließlich den schönen Marktplatz der Stadt. Leider hat der Bäcker im Ort bereits geschlossen, Sonntags ist dieser nur von 7:00 Uhr – 10:00 Uhr geöffnet.

Wir setzen unseren Stadtrundgang an der St. Marien-Kirche fort, gehen durch das Kirchtor und bestaunen die Stadtmauer. Von dort wollen wir den Weg Richtung Schweigenberg fortsetzen und wählen dazu die „Panorama-Variante“. Leider übersehen wir eine Abbiegung und kommen ein wenig aus der Stadt heraus. Dieser Umweg entpuppt sich aber als Glücksfall und zwar in dem Moment, wo wir einen Mann mit Bäckertüte sehen. Wo es Brot gibt, so unsere Vermutung, gibt es auch Kaffee. Wir folgen dem Mann ein Stück, sehen jedoch keinen Bäcker. Da spricht der Mann uns an, wo wir denn hinwollten. Wir sagen ihm, dass wir den Schweigenberg-Rundweg machen wollen. Er erklärt uns kurz den Weg. Dann fasse ich mir ein Herz und frage ihn, wo er die Brötchen her hat. Von der Tanke am Ortsausgang. Da pilgern wir dann erstmal hin und erstehen zwei schwarze Heißgetränke. Jetzt sind wir schon ruhiger. Als wir auf dem Rückweg dann noch die Sektkellerei Rotkäppchen entdecken, steigt die Laune wie ein Luftballon.

Im Sektshop
Wir entscheiden uns, vor der Fortsetzung des Wanderwegs einen Blick in den Sektshop zu werfen. Ich bin selber kein Fan des Rotkäppchensekts, dann doch aber erstaunt, was die so alles im Angebot haben. Besonders die Winteredition des Proseccos, Preiselbeer-Nelke und Apfel-Zimt, klingt zumindest interessant. Da wir die Flaschen nicht mit auf den Berg schleppen wollen, verschieben wir den Kauf auf den Rückweg.

Steil bergauf nach Zscheiplitz
Von der Sektkellerei geht es erst einmal steil bergauf durch die Weinberge. Die Kraftanstrengung wird mit einem spektakulären Blick auf Freyburg, die St. Marien-Kirche, die Neuenburg und den dicken Wilhelm belohnt. Wir sind hin und weg und fühlen uns wie die Königinnen der Welt. Als wir oben ankommen, sehe ich eine Burg, die ich bereits von der Neuenburg erspäht hatte, aber nicht fotografieren konnte, weil sie zu weit weg war. Nun wandern wir genau in die Richtung dieser Burg. Ich bin begeistert, was für ein Wiedersehen.

Eine dreiviertel Stunde später erreichen wir Zscheiplitz. Vorbei an den Weinlagen am Himmelreich, erklimmen wir den Berg St. Martin zur Klosterkirche und trauen unseren Augen nicht. Wir genießen einen unfassbaren Blick auf Freyburg und das ganze Unstruttal. An der Klosterkirche gibt es einen schönen Aussichtsturm und dahinter ein tolles Weingut namens Pawis. Die Klosterkirche selbst, auch Weißenburg genannt, soll im 11. Jahrhundert eine Ritterburg gewesen sein. Später wurde die Burg in ein Kloster umgewandelt. Bis 1540 diente das Gelände als Versorgungsanstalt für unverheiratete Töchter des Adels.

Winzer-Glühwein „to-go“
Nachdem wir uns ausgiebig auf dem (Kloster-)Gutshof umgesehen haben, entdecke ich das restaurierte Brunnenhaus des Geländes. Hier residiert der Winzer Bernard Pawis an diesem Tag mit seinem Glühweinstand. Den schickt der Himmel, denke ich. Der Portugieser-Glühwein erfreut unsere Kehlen und öffnet die Herzen. Wir tauschen uns mit Herrn Pawis über die Corona-Lage und deren Auswirkung auf die Gastronomie aus. Die Sorgen des Winzers können wir nachvollziehen, das ist für ihn sicherlich keine leichte Zeit.

Nach dem Genuss des Heißgetränks machen wir uns an den Abstieg. Nicht aber ohne uns vorher über die napoleonischen Rückzugsgefechte am 21.10.1813 in dieser Region zu informieren. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig sind seine Truppen wohl an dieser Stelle von den Preußen bedrängt worden. Der französische Feldherr floh mit seinen Männern über die Saale mit Hilfe von selbstgebauten Notbrücken.

Die Zeddenbacher Mühle
Wir steigen hinab zum Freyburger Schweigenberg. Der Berg gilt seit Jahrhunderten als ideales Rebenparadies und ist Heimat von über 90 Weinberghäuschen. Vom barocken Schlösschen bis zum schlichten Funktionsbau aus der DDR-Zeit spiegelt ihre Architektur den Wandel der Zeiten wider. Nur einen Steinwurf entfernt erreichen wir die Zeddenbacher Mühle, ein größtenteils verwaistes und zerstörtes Gelände, das jedoch über ein Restaurant und einen Bio-Mühlenladen verfügt. Das Gelände liegt sehr schön direkt an der Unstrut an einem Wehr. Sicherlich müsste man einiges investieren, aber das Areal hat Potential.

Auch an der Zeddenbacher Mühle ist Napoleon vorbeigekommen. Die „Route Napoléon de Saxe 1813“ zeigt den Weg den der französische Kaiser Napoleon I Bonaparte vom 25. April bis 25. Oktober 1813 durch das damalige, mit ihm verbündete Sachsen nahm.

Ein Prosecco zur Belohnung
Von der Mühle aus geht es wiederum auf einem asphaltierten Weg entlang an Schrebergärten und Wochenendhäuschen zurück nach Freyburg. Jetzt kommt noch die große Belohnung, der zweite Besuch in der Sektkellerei Rotkäppchen. Wir schauen uns nochmals genau im Shop um und lassen uns vom Personal beraten. Schnell sind ein paar Geschenke für Freunde gefunden und gekauft. Erschöpft von der Wanderung und sehr zufrieden mit den vielen schönen Erlebnissen des Tages machen wir uns auf den Weg zurück nach Bad Kösen.

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