Corona-Tagebuch: Großer Streitholz-Rundweg im Lappwald

Christina/ April 10, 2020/ Alltagsgeschichten

Es wird eng auf Braunschweigs Jogging- und Spazierwegen dieser Tage: Mangels Alternativen wie Kino, Einkaufszentren, Ausstellungen oder Sportveranstaltungen entdecken immer mehr Menschen die Natur für sich. Ich kann mich nicht daran erinnern, in den letzten Jahren auf einer meiner abendlichen Jogging- oder Fahrradrunden so vielen neuen Gesichtern begegnet zu sein. Ja ich gebe zu, es wird langsam dicht gedrängt auf den wohlbekannten Strecken rund um die Löwenstadt. Wo sind also die Ausweichstrecken dieser Tage? Da sind ja noch der Elm und der Lappwald, mir wohlbekannt aus meinen Jugendtagen. Es sind keine wirklichen Wanderstrecken, wie ich sie aus dem Harz gewohnt bin. Aber auch hier gibt es Schönes und auch Altbekanntes wieder zu entdecken. Ich mache mich also auf nach Bad Helmstedt und statte dem Lappwald einen Besuch ab. Welche neuen Einsichten und Aussichten ich dabei gemacht habe, davon will ich heute erzählen. Wir lösen Quizfragen auf der Wegstrecke, haben ein Déjà-Vu mit dem alten Kolonnenweg entlang der ehemaligen Grenze und entdecken einen weißen Berg, den ich bislang nicht kannte. Und, was ist eigentlich das Streitholz?

Über sieben Stationen sollst du gehen
Wir starten unsere Tour am Brunnentheater in Bad Helmstedt. Das Schauspielhaus ist mir noch bestens aus meinen Jugendtagen bekannt. Damals hatten meine Eltern öfter mal Karten für die erste Reihe. Ich erinnere mich, wie ich mit meinem Vater meine erste Opernaufführung gesehen habe, da war ich vielleicht zwölf Jahre. Tosca war es von Puccini. In einem Opernführer hatte ich mir vorher die Handlung durchgelesen und ich bin sogar extra beim Frisör gewesen, der mir eine aufwendige Flechtfrisur verpasst hatte. Das war schon ein besonderer Abend für mich, auch wenn sich meine Mitschüler am nächsten Tag über meine “hochtrabende” Haarpracht lustig gemacht haben. Naja, die wussten es halt nicht besser.

Gleich am Brunnentheater ist eine Grillhütte und da beginnt auch schon der Lappwald und damit unsere Tour RW20, der Große Streitholz-Rundweg. Es geht gemütlich los, rechts und links neben uns blühen wunderschöne kleine weiße Waldblumen, Buschwindröschen, und die Sonne scheint herrlich von einem strahlend blauen Himmel. Beste Voraussetzungen also, um auf schmalen, waldreichen Wegen den Tag zu genießen. Und ich stelle sogleich entzückt fest, dass meine Rechnung aufgegangen ist: Auf dieser Strecke ist nur wenig Fußverkehr, auch Radfahrer sehen wir nur von Weitem.

Mögen die Spiele beginnen
Gleich am Start der Wanderung erwartet uns die erste Quizfrage, die da lautet: “Welches Theaterstück von Kotzbue wurde als allererstes Stück im neuen Brunnentheater aufgeführt?” Na? Spontan fällt mir nicht ein einziges Stück von Kotzbue ein, aber kann ja noch kommen. Wir wandern Richtung Schwanefeld, sehen den Ort aber nur von oben, da es vorher rechts wieder in den Lappwald geht. Wir kommen an der Totenwiese vorbei und erreichen die zweite Quizfrage. Zunächst lesen wir aber die Lösung der ersten Denksportaufgabe nach. So, die Pagenstreiche hieß das Stück von Kotzbue. Bei der Totenwiese geht es wohl um eine historische Schlacht, die in dieser Gegend im zwölften Jahrhundert stattgefunden haben soll, Lothar von Supplinburg war auch beteiligt.

Nun mit Schlachten und Kriegsgetümmel habe ich es nicht so, da genieße ich lieber die friedliche Natur. Wenn ihr also mehr über die Fragen entlang des Wanderweges und deren Lösung wissen wohlt, empfehle ich euch einfach die Tour zu machen.

Der weiße Berg
Bei einer kleinen Pause auf einer Bank genießen wir die herrliche Frühlingssonne. Kurz danach erreichen wir Beendorf. Wir sind überrascht wie schön sich das Dorf herausgeputzt hat. Wir bewundern die mittelalterliche Kirche in der Ortsmitte und einen Brunnen. Wir sehen schöne alte Fachwerkhäuser und erreichen schließlich den Ortsausgang. Aber was ist das? Ein weißer Berg inmitten der sonst eher flachen Landschaft? Aus der richtigen Perspektive gesehen und mit ein bisschen Fantasie wähne ich mich kurz in den Alpen. Aber was ist das wirklich? Wir sind an einen Salzberg, einer ehemaligen Abraumhalde, gelangt. Der Berg schimmert weiß in der Sonne und hebt sich scharf vom blauen Himmel ab, ein tolles Bild.

Wir verlassen Beendorf, werfen aber nochmals einen Blick zurück auf den weißen Berg und das Allertal, klasse! Voller Begeisterung und guter Gefühle geht es zurück in den Wald. Hier stehen wir plötzlich vor einer schönen Kindertagesstätte. Das Gebäude erinnert an Peter Lustigs’ Bauwagen, es gibt sogar ein Waldklo. Wir kommen am Grenzwanderweg und ein paar Informationstafeln vorbei, die über das Geschehen an der Grenze vor und nach der Öffnung erzählen. Das sind schon sehr bewegende Geschichten.

Zurück im Brunnental
Kurze Zeit später erreichen wir den Clarabadteich im Brunnental. Wir sind fast am Ausgangspunkt. Wir genießen noch einmal die Idylle rund um den Teich und ich erinnere mich, wie das damals in meiner Kinderzeit war als wir öfter Ausflüge ins Brunnental gemacht haben. Es hat sich einiges verändert, die meisten Ausflugslokale, die seinerzeit etwas Besonderes waren, haben die Grenzöffnung nicht überlebt. So ist wohl der Lauf der Zeit. Aber das Brunnentheater steht immer noch und schimmert gold-geld in der Abendsonne.

Ach ja, es ist noch die Frage offen, was Streitholz eigentlich ist. Also gut, ich will euch nicht länger auf die Folter spannen, hier kommt die Lösung: Das Wort “Holz” steht hier für Waldstück, die Bedeutung des Wortes “Streit” dürfte klar sein. Demnach soll es wohl in früheren Zeiten einen Streit um ein Waldstück gegeben haben. Es war wohl so üblich, dass man Vieh im Wald weidete. Eventuell gab es Uneinigkeit, welches Vieh von wem und aus welchem Waldstück wieder nach Hause in den Stall geführt wurde. Halt die üblichen Streitigkeitn unter Nachbarn:-)

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