Riga – ein Jugendstiltraum
Mein letzter Besuch in Riga ist schon eine ganze Weile her. Es war im November 2017. Der Spätherbst ist nicht unbedingt die beste Jahreszeit für einen Besuch der lettischen Hauptstadt. Trotzdem, wenn ich mir die Bilder von damals ansehe, dann war das Wetter gar nichts so schlecht. Diesmal jedoch, habe ich die vermeintlich besten Zeitpunkt des Jahres gewählt, den Sommer mit seinen langen Tagen. Nun, mit dem Sonnenschein hat es nicht an jedem Tag geklappt. Das hat der Atmosphäre in der Stadt aber keinen wirklichen Abbruch getan. Und bei zwei Ausflügen, einmal zum Schloss und Museum nach Rundale und einmal nach Jurmala, dem bekannten Seebad, hat sich die Witterung dann doch noch von ihrer besten Seite gezeigt. Auch die Bootsfahrt auf dem Stadtkanal von Riga konnte bei schönstem Sonnenschein stattfinden. Ich glaube aber fast, dass mein Herz den täglich geöffneten Markthallen von Riga gehört. Es macht einfach Spaß dort einzukaufen. In vier großen ehemaligen Zeppelin-Hangars sind die leckeren Waren untergebracht. Die Fischhalle ist mein absoluter Lieblingsplatz. Die Auswahl ist einfach bombastisch und auch die Preise sind größtenteil akzeptabel. In den anderen Hallen gibt es Brot, Kuchen, Fleisch und andere Leckereien zu kaufen. Aber auch der Gang vor die Hallen lohnt sich. Zahlreiche Stände mit frischem Obst und Gemüse reihen sich aneinander. Und es macht Sinn, die Preise miteinander zu vergleichen. Die Auswahl ist riesig: Pfirsiche, Melonen, Kirschberge, Himbeeren werden feilgeboten. Das Herz von Pilzfans dürfte hier ebenfalls höher schlagen: Große Mengen von Pfifferlingen werden hier angeboten. Wenn man sich ein wenig umschaut, ergattert man einen guten Preis.
Wohnen an der Alberta iela
Die Alberta iela (Albertstraße) ist sicherlich ein „Must see“ in Riga. Wenn man das Glück hat, so wie ich, dass der eigene Bruder gleich um die Ecke wohnt, an ist der Gang zu der wohl schönsten Jugenstilstraße Rigas nur einen Katzensprung entfernt. Man sollte sowohl die eindrucksvollen Fassaden als auch die Größe der Häuser auf sich wirken lassen. Man begegnet diesen eindrucksvollen Bauten auch in den umliegenden Straßen, wie z.B. der Elizabetes iela, der Strelnieku iela und der Vilandes iela. Abends sind die Häuser zum Teil angestrahlt und wirken dadurch noch majestätischer. Besonders in der Alberta iela haben mir auch die kreativen Läden gefallen. Interessant fand ich das schwebende Bügeleisen, das vor einem Ladenlokal zu sehen war.
Natürlich darf im Zuge der historischen Betrachtung Rigas nicht der Gang durch die pittoreske Altstadt fehlen. Das Schwarzhäupterhaus ist sicherlich eines der Wahrzeichen Rigas. Oft fotografiert wird es immer wieder mit der ehemaligen Hansestadt in Verbindung gebracht. Auch der Dom- und der Marktplatz sind optische Highlights. In diesen Bezirken ist man natürlich nicht alleine. Vor allen Dingen an diesen Plätzen tummeln sich die zahlreichen Touristen, die die lettische Hauptstadt im Sommer besuchen. Neben den „üblichen“ Sehenswürdigkeiten interessieren mich aber auch die Dinge, die nicht jeder Besucher der Stadt zu sehen bekommt.
Wenn der Reißverschluss kaputt geht
An einem Tag zum Beispiel, stelle ich fest, dass der Reißverschluss meiner Hose den Geist aufgegeben hat. Hm, das könnte ich natürlich in Deutschland reparieren lassen. Aber warum nicht mal die lettische Wirtschaft unterstützen und hier eine Nähstube finden. Der Bekanntenkreis meines Bruders ist groß und so findet sich auch ein Tipp für eine Näherin. Die Location soll sich in der Neustadt befinden, also nicht weit von unserer Wohnung entfernt. Wir betreten ein Geschäft, in dem Elektroartikel verkauft werden und ich denke zunächst, dass wir hier falsch sind. Aber, auf der rechten Seite befindet sich ein kleines, fensterloses Kabuff. Das ist wohl dann das Atelier. Die Dame ist des lettischen nicht mächtig, sie spricht russisch. Nun ich könnte mich vermutlich gar nicht verständigen, deshalb überlasse ich die Details meinem Bruder. Für den Preis von 15 Euro sagt sie uns zu, sei die Hose in 2 Stunden fertig. Na bitte. Wir überlassen meine Hose ihrem Schicksal und sehen uns noch ein wenig in der Gegend um. Tatsächlich ist das gute Stück nach den besagten zwei Stunden abhol- und auch wieder einsatzbereit. Wer sagt’s denn.
Mezaparks, das grüne Ausflugsziel Rigas
Am nächsten Tag machen wir einen Ausflug mir Barkley. Barkley ist ein sehr rühriger und energiegeladener Boston Terrier im Alter von vier Jahren. Und ja, ich kann es nicht anders sagen, Barkley hat durchaus seine eigenen Vorstellungen davon, wie das Gassigehen mit ihm auszusehen hat. Fakt ist, dass man mit Barkley alles machen kann, außer ihn zu langweilen:-) Damit er ein bisschen Bewegung bekommt fahren wir mit ihm in den Kaiserwald (lettisch: Mezaparks). Das ist sozusagen die „grüne Lunge“ der Stadt und ein sehr großes Waldgebiet, in dem u.a. auch Konzerte stattfinden. Leider beginnt es nach kurzer Zeit zu regnen. In diesem Park findet auch alle fünf Jahre das lettische Liederfest statt. Und zufällig sind in diesem Jahr die Kinderchöre da. Die werden sich vermutlich auch nicht gerade über den Regen freuen. Immer wieder begegnen uns hier und auch in der Innenstadt Jugendliche in ihren schönen nationalen Trachten.
Nach dem der Nachmittag ins Wasser gefallen ist, erwartet mich am Abend noch ein Highlight. Wir gehen ins „2eat Falafel und Hummus Restorans“. Hier wird israelisch-arabische Küche im besten Sinne geboten. Mein Bruder bestellt Leckereien für drei Personen und der Besitzer, ein Bekannter meines Bruders, fährt richtig auf. Auf einer Platte, die sich drehen lässt stehen Falafel, Hummus, Baba Ghanoush, verschiedene Salate und Dips. Dazu wird ein sehr leckeres Fladenbrot gereicht. Alles ist so reichhaltig, dass wir die Schälchen nicht komplett leer essen können. Ein toller Augenblick – fast wie zu meiner Studentenzeit im Ausland🙂
Bootstour im Sonnenschein
Am nächsten Tag verwöhnt uns das Wetter mit strahlendem Sonnenschein. Was für ein Unterschied! Für mich ist klar, dass heute die Kanaltour auf der Daugava stattfinden muss. Ich liebe Bootstouren. Der freundliche Ticketverkäufer am Bootsanleger macht uns zudem einen guten Preis. Anstelle von 20 Euro müssen wir nur 15 Euro p.P. zahlen. Ein feiner Zug, wie ich finde. Die Tour dauert ca. 1 Stunde und ist wirklich schön. Ganz langsam und bedächtig fährt der Pott an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei: dem Rigaer Schloss, den Markthallen, dem Freiheitsdenkmal und der Akademie der Wissenschaften u.a.
Vor den Toren Rigas: Schloss und Museum Rundales
Auch am vorletzten Tag meines Besuches ist uns das Wetter gewogen. Wir nutzen die Gelegenheit und brechen nach Rundale auf. Und hier erwartet mich ein echtes Highlight: ein Schloss mit 45 Zimmern, die besichtigt werden dürfen umgeben von einem fantastischen Barockgarten. Die Anlage ist riesig. Jedes Zimmer des Herzogs oder der Herzogin ist schöner als das vorherige. Alles ist wunderbar restauriert und man weiß gar nicht, wo man zuerst hinsehen soll. Die Säale sind riesig und reichhaltig geschmückt. Und auch die Privatgemächer des Herzogenpaars stehen den anderen Objekten in nichts nach. Zudem gibt es in fast jedem Raum eine digitale Informationsmöglichkeit über die Geschichte der Zimmer. Nach gut zwei Stunden Rundgang sind wir sprichwörtlich platt, überwältigt von der Pracht der Räume und den vielen Ausstellungstücken. Zum Schluss wollen wir uns deshalb ein wenig im (französischen) Rosengarten erholen. Hier wird bereits fleißig für das diesjährige Musikfestival geprobt. Wir genießen die Sonne in unserem Rücken, erfreuen uns am Anblick des Gartens und lauschen der Musikprobe. Ein herrlicher Moment. Leider müssen wir langsam aufbrechen. Bis Riga fahren wir noch ca. 1 Stunde und das Abendessen (Rösti mit Pfifferlingen!!!) muss auch noch gekocht werden. Auf dem Weg zum Ausgang kommen wir an den Rosen vorbei und entdecken, dass diese Namen haben. Unter anderem entdecken wir Louis de Funès und Heidi Klum:-)
Das Ostseebad Jurmala
Ihr merkt es bereits: In den letzten drei Tagen geben sich die Highlights die Klinke in die Hand. Am Sonntag, meinem letzten Tag in Riga, fahren wir von der Hauptstadt aus ca. 30 Kilometer nach Jurmala, DEM Ostseebad vor den Toren der Stadt. An diesem schönen Tag ist es hier pickepacke voll. Sowohl in der Fußgängerzone als auch am Strand tummeln sich die Vergnügungswilligen. Das ist wirklich ein sehr schöner Ort mit einer sehr relaxten Atmosphäre. Auch hier treffen wir wieder auf schöne Jugendstilvillen und geschmackvolle Holzhäuser. Für ein Plauderstündchen lassen wir uns in einem der Stranscafés nieder. Hier kann man wirklich sehr gut vom Alltag abschalten und den „lieben Gott einen guten Mann sein lassen“. Zum Abschluss dieses wundervolen Tages geht es noch ein Stückchen die Küste hinauf nach Ragaciems. In der RIBAS Grillbar haben wir einen Tisch für 19 Uhr reserviert. Hier lasse ich bei einem sehr leckeren Fischgericht diese fantastische Woche in der lettischen Hauptstadt und Umgebung ausklingen. Ich denke, es dürfte nicht mein letzter Besuch in Riga gewesen sein.
