Langenstein: Ein geschichtliches Kleinod am Harzrand

Christina/ März 8, 2024/ Alltagsgeschichten, Kultur

Nach all den Touren, die ich in den letzten Jahren unternommen habe, bin ich immer wieder überrascht, dass es auch für mich Neues zu entdecken gibt. Letzten Sonntag ging es nach Langenstein. Ich konnte es kaum glauben, was es hier alles zu entdecken gibt. Neben den Höhlenwohnungen, sind es ein Schloss samt Schlosspark, eine KZ-Gedenkstätte, der Hoppelberg und die Gaststätte Schäferhof. Der Tag war so abwechslungsreich, dass er am Ende viel zu schnell vorbei ging. Leider war an diesem Tag die Fernsicht ein wenig diesig. Aber sowohl vom Schäfer- als auch vom Hoppelberg hat man einen fantastischen Blick auf die Türme des Doms zu Halberstadt.

Schloss Langenstein
Als wir an diesem späten Sonntagvormittag in Langenstein eintreffen, hält sich die Sonne noch ein wenig zurück. Nur langsam lösen sich die Nebelfelder auf. Unser Ausgangspunkt, das Schloss Langenstein, liegt noch im grauen Dornröschenschlaf. Zwischenzeitlich wird es auch nicht mehr als Herrschaftsunterkunft genutzt. Es ist eine Wohn- und Therapieeinrichtung für autistische Kinder, Jugendliche und Erwachsene. An einer der Gebäudemauern entdecke ich eine Gedenktafel. Dr.-Else-Giegler-Rundweg steht da drauf. Frau Dokotor hat hier seinerzeit in der Tuberkuloseforschung gearbeitet.

Der Wanderweg führt uns in den Schlosspark. Wir sind begeistert. Nicht von der Rückseite des Schlosses, sondern zunächst von den vier steinernen Blumentöpfen, die die Gartenmauer zieren und mit Schlangenelementen geschmückt sind. Und natürlich ist ER auch hier zu Gast gewesen. Unser Goethe. Damals als Besucher der ehemaligen Besitzerin Frau von Branconi. Den Rest kann man(n) sich denken. Darüber hinaus sind wir von den knospenden Büschen und Bäumen fasziniert. Die Magnolienbäume schicken sich an, Knospen auszutreiben. Der Weg nach unten zum kleinen Schlosssee führt uns schließlich zu einer recht interessanten Brücke. Es ist die von der gleichnamigen Partnerstadt gestifteten Ybbsitz-Brücke. Diese führt uns über den Goldbach. Von dem beliebten Edelmetall entdecken wir zwar nichts, aber das trübt unsere Freude nicht.

Und damit nicht genug. Wir sind immer noch fasziniert von diesem wunderschönen Empfang, da steht bereits das nächste Highlight vor uns: die Höhlenwohnungen vom Schäferberg.

Wir nehmen jedoch nicht den direkten Weg. Wir spazieren zunächst durch den Ort und wundern uns über einen Glockenturm, der neben der Kirche steht. Davor kommen wir noch am obligatorischen DDR-Trabbi vorbei, der sich vermutlich noch in vielen Ortschaften findet. Nur ein Stückchen weiter entdecke ich eine Harley Davidson-Maschine auf dem Dach, die aus Holz ist. Dann geht es auf steinernen und schmalen Treppenstufen hinauf auf den Schäferberg. Hier schnaufen wir das erste Mal durch. Mittlerweile hat die Sonne den Nebel verdrängt, sodass wir die Reißverschlüsse unserer Winterjacken öffnen können. Ein wenig klettern wir zwischen den Steinen und Höhlen hindurch. Wir fühlen uns wie kleine Kinder, die fröhlich zwischen den Steinen hüpfen und in den Höhlen verstecken spielen. Als wir jedoch feststellen, dass wir schon recht viel Zeit verloren haben, machen wir uns zur Spitze des Schäferberges auf. Hier beginnt die eigentliche Tour.

Langenstein-Zwieberge: Ein Ort des Grauens
Ein wunderschöner schmaler Waldweg führt uns zu einem Ort des Grauens: die KZ-Gedenkstätte Langestein-Zwieberge. Bereits das Schild am Eingang zur ehemaligen KZ-Außenstelle lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Hier ist von einer Todeskiefer die Rede, die als Hinrichtungsstelle fungiert hat. Es gibt Massengräber und das Motto des Lagers war “Vernichtung durch Arbeit”. Ich glaube, zynischer geht es nicht. Ein furchtbarer, bedrückender Ort, der die Qualen der Insassen höchstens erahnen lässt. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es sich anfühlen muss, im tiefsten Winter nur notdürftig bekleidet 1,5 Stunden auf dem Appellplatz zu stehen und sich anschreien zu lassen. Da fehlen mir wirklich schnell die Worte.

Auf dem Hoppelberg
Wir verlassen den grauenhaften Schauplatz und machen uns zum Hoppelberg auf. Hier wird es nochmals anstrengend, denn immerhin geht es auf über 300 Meter hinauf. Oben zeigt sich eine Aussicht, die Humboldt als die siebstschönste des Landes bezeichnet haben soll. Nun, wir wissen nicht, welche sechs anderen Aussichtspunkte er im Kopf hatte, aber ja, der Blick auf Halberstadt ist nicht schlecht. Beeindruckend sind auch die Felsformationen auf der Bergspitze. Ich meine u.a. einen Frosch zu erkennen. Aber die Interpretation liegt sicherlich immer im Auge des Betrachters.

Einkehr im Gasthaus Schäferhof
Nach der Wanderung freuen wir uns auf die Einkehr im Gasthaus Schäferhof. Bei dem fast frühlingshaften Wetter sitzen die ersten bereits im Hof. Da dieser aber mittlerweile im Schatten liegt, ist uns das doch noch zu kühl. Als erstes fällt mein Blick aber auf einen roten Kasten, der ebenfalls draußen steht. Das wird doch nicht ein Stempelkasten sein? Wir vermuten, dass es sich um einen Sonderstempel handelt. “Im Schatten der Hexen” steht da drauf. Aha, da können wir uns erstmal keinen Reim drauf machen. Der Blick in das innere des Kastens ist dann sowieso ernüchternd: Das Stempelgummi ist kaputt. Na Servus!

Egal, also versuchen wir unser Glück in der Gaststätte. Einen Platz bekommen wir ohne Schwierigkeiten, allerdings müssen wir recht lange auf eine Bedienung warten. Schließlich komme ich aber doch noch zu meinem Damengedeck. Dabei fällt uns auf, dass wir die Hohlgasse und eine Höhlenwohnung verpasst haben. Hm, das können wir nicht auf uns sitzen lassen. Es hilft alles nichts, da müssen wir nochmals ran.

Durch diese Hohlgasse muss er kommen
Also geht es nach der Kaffeepause erneut in Richtung Schäferberg. Als wir den Aufstieg zur Hohlgasse nehmen wollen, stellen wir fest, dass diese gesperrt ist. Angeblich wegen der Gefahr herabfallender Sandsteine. Das schreckt uns natürlich nicht ab. Wir quetschen uns an der Absperrung vorbei, schlank genug sind wir ja. Und siehe da, wir kommen noch zu unserem Hohlgassen- und Höhlenwohnungfoto. Jetzt können wir diesen Wandertag beruhigt abschließen. Der Rückweg zum Auto führt uns nochmals durch den nunmehr abendlichen Schlosspark. Wir sind einfach restlos begeistert von dieser abwechslungsreichen Tour und den vielen Impressionen des Tages.

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