Braunschweiger Kulturnacht: Psychologie des Bösen
Eloquent, unterhaltsam, gutaussehend, erfolgreich: das ist Danny Morgenstern bei der 14. Braunschweiger Kulturnacht im Astor Filmtheater. Morgenstern ist dabei kein Unbekannter. Tatsächlich gilt er als DER James Bond Experte schlechthin. Sogar die Universal Studios, so erzählt er nebenbei, seien schon an ihn herangetreten, um Marketing zu machen für den jüngsten Bondfillm „Keine Zeit zu sterben„. Und ja, der Saal ist proppenvoll, obwohl es bereits nach 22 Uhr ist. Der Erfolg spricht für sich.
Der Blick in den Abgrund der menschlichen Seele
Logisch, dass zu Beginn des launigen Vortrags zuerst ein Werbeblock für Morgenstern’s Bücher erfolgt. Geschenkt. Aber schon hier zeigt sich die Wortgewandtheit des Braunschweigers: „Ich brauche die düstere Jahreszeit, um mich da reindenken zu können“, so die Erklärung Morgensterns, warum seine Triologie erst im Herbst des Jahres wieder Fahrt aufnehmen wird. Mit Anregungen seines Verlages wie „Gib dem Schurken gefährliche Tiere an die Hand“, will er seine Leser eiskalt erwischen.
Dann kommt der Autor aber schnell zum Thema der Lesung: der Psychologie des Bösen. Und was liegt einem Bond Experten näher als die Charaktereigenschaften eines Psychopathen an den Fieslingen aus den Bondfilmen aufzuzeigen? Schnell wirft er die Plakate der bisherigen 25 Bond-Streifen an die Wand, die sich wie bei einem Memory-Spiel drehen. Auf der Rückseite sind die Konterfeits von Blofeld, Doktor Kananga, Francisco Scaramanga und Co. zu sehen. Die Filmindustrie, so Morgenstern, habe entschieden zu unserem Bild eines Bösewichts beigetragen. Alle Bondschurken, so erklärt er, hätten körperliche Abnormitäten, seien es Naben, Schwimmhäute oder Hinkefüße. So könne das Publikum schnell erkennen, wer hier den Schurken verkörpere. Was wollen diese Personen? Die Weltherrschaft? Nein, die meisten von ihnen wollen Macht oder Kohle. Alle, außer Lyutsifer Safin, der Übeltäter aus dem jüngsten Bondfilm. Dem gelingt es sogar, Bond zu Fall zu bringen.
Nur einmal war James‘ Antagonist weiblich. In dem Streifen „Die Welt ist nicht genug“ spielt die Französin Sophie Marceau die Hauptgegnerin namens Elektra Vavra King. Morgensterns Kommentar: „Frauen begehen weniger Gewalttaten, stellen sich dabei aber schlauer an.“
1 % der Menschen sind Psychopathen
Weiterhin hätte uns Hollywood Glauben gemacht, dass Psychopathen intelligente Menschen sein. Tatsächlich ist auch das eine Mähr. 20% – 25 % aller Geisteskranker befinden sich in Gefängnissen. Der Grund sei oftmals fahrlässiges Verhalten. So hinterließen sie z.B. einen genetischen Abdruck, indem Sie am Tatort einen Apfel essen und das Kerngehäuse dort liegen lassen.
Kurz zu den Fakten: Schätzungsweise 1% aller Menschen auf der Welt sind Psychopathen (das wären in Deutschland ungefähr 800.000 Leute). Wie gesagt, 20 % – 25 % davon sind gefangen; 5 %-6 % befinden sich in Führungspositionen.
Was macht einen Psychopathen aus?
Jetzt geht es ans Eingemachte. Der Autor legt nach und führt aus, welche Eigenschaften einen Geisteskranken ausmachen. Zunächst erklärt er, diese Menschen keine Gefühle haben und keine Empathie empfinden. Unzurechnungsfähigen fehle jeder Gerechtigkeitssinn. Für die Gehirntätigkeit sei es egal, ob man einer solchen Person einen Bonbon oder eine Vergewaltigung zeige: es würden jeweils dieselben Emotionen ausgelöst werden.
Warum fallen diese Menschen dann nicht sogleich als „abnorm“ auf? Psychopathen, so erklärt es Morgenstern, könnten sehr gut schauspielern und erwartete Verhaltensweisen auswendig lernen. Gefühle wie Freude an Weihnachten seien gespielt. Sie sind Blender mit oberflächlichem Charme, krankhafte Lügner und lebten auf Kosten anderer Leute. Sie sind gefühlskalt, weisen eine unzureichende Verhaltenskontrolle und Impulsivität auf.
Wie man einen Lügner entlarvt
Wie demaskiert man nun einen Lügner? Nun, hier gibt es ein paar untrügliche Anzeichen. Geschichten, die zu lang sind und sich nicht rückwärts erzählen lassen, sind gelogen. Ein Beispiel. Ein Mann kommt zwei Stunden zu spät zum Abendessen. Seine Frau fragt ihn, wo er so lange gewesen sei. Der Mann holt aus und erzählt eine recht komplizierte Geschichte, die er sich als Erklärung ausgedacht hat. Da er die Vorkommnisse aber nicht wirklich erlebt hat, kann er sich an die Reihenfolge der Ereignisse im Anschluss nicht mehr erinnern. Das Denkhirn setzt an dieser Stelle aus.
Zudem werden beim Lügen die Pupillen kleiner, weil durch das Schwindeln Stresshormone ausgeschüttet werden. Interessanterweise fängt die Nasenspitze an zu jucken und die Motorik leidet unter dem Stress.
Der Prototyp: Donald Trump
Und einer darf natürlich nicht fehlen: der ehemalige US-Präsident Donald Trump. Trump, so Morgenstern, beherrsche die Manipulation meisterhaft. Wenn er auftritt, sagt er die ersten 10 Sekunden oftmals nichts. So steigert er die Aufmerksamkeit der Zuhörer. In seiner Rede baut er dann seine wichtigste Aussage an verschiedenen Stellen immer wieder ein, sodass das Publikum nur einen Inhalt behält, wie z.B. „gewinnen, gewinnen und gewinnen“.
Mit diesen Erkenntnissen entlässt Morgenstern sein Publikum in die Nacht bzw. an den Signiertisch.
Vor der Lesung, auch das sei noch erwähnt, haben wir uns auf dem Altstadtmarkt die Brunswieck Pipers angeschaut. Angefixt vom Peiner Highland Gathering im Mai dieses Jahres war dieser Auftritt natürlich ein Muss. Auf dem Weg zum Astor Filmtheater haben wir noch einen Stopp an der Magnikirche eingelegt. Hier wurde Flamenco geboten. Aber im Vergleich zur Unterhaltsamkeit des Morgenstern Vortrags, verblassten die anderen Performances doch recht schnell.