Corona-Tagebuch: Der Gipfelsturm auf das Eilumer Horn

Christina/ März 8, 2021/ Alltagsgeschichten

Heute haben wir Großes vor. Es soll auf die höchste Erhebung des Elms gehen, das Eilumer Horn. Bis 1983 galt der Kuxberg als höchster Punkt des Waldes. Diesen Platz musste er nun vor 38 Jahren aufgrund der Erkenntnisse von vier Schöppenstedter DAV-Alpinisten aufgeben. Um ganze 4,3 Meter überragt das Eilumer Horn den Kuxberg. Grund genug, um an dieser Stelle ein Gipfelkreuz aufzustellen und ein Gipfelbuch anzubieten. Ich bin also schon sehr gespannt, was mich dort oben erwartet.

An der fröhlichen Wabe
Dieser Sonntag ist ziemlich grau, sehr windig und kalt. Die widrigen Umstände sollen uns aber nicht von unserem Gipfelsturm abhalten. Wir starten am schönen Rittergut Lucklum und haben dort bereits unsere erste Begegnung mit der Wabe, die fröhlich über das Gelände fließt und uns noch ein Stück des Weges begleitet. Wir gehen über den Gutshof und wandern zunächst entlang des Gutsparks Richtung Sportplatz. Allerdings ignorieren wir die erste Brücke über die Wabe und bleiben auf der rechten Seite. Hier schlängelt sich ein schöner schmaler Pfad an den Häusern vorbei.

Wir erreichen Erkerode. Schräg gegenüber dem Haus mit der Wassermühle führt ein Weg ins Reitlingstal. Es geht etwas bergauf und anschließend durch die Feldmark bis zum Rand des Elms. Es ist eine sehr schöne und idyllisch wirkende Strecke mit schönen Ausblicken auf das Reitlingstal. Bis hierhin sind wir der Ausschilderung „Zielweg“ gefolgt, ab dem Elmrand orientieren wir uns an den Zeichen des RW 31. Jetzt geht es bis zum Eilumer Horn nur noch bergauf. Die Steigung ist aber durchaus moderat und gut zu bewältigen. Endlich wird uns ein bisschen warm und wir erreichen Betriebstemperatur. Wir passieren den Rastplatz am Mühlstein und biegen rechts auf einen schmalen Pfad, der uns direkt zum Eilumer Horn führt.

Ohne despektierlich sein zu wollen, ist der Anblick des Gipfelkreuzes für jeden ernsthaften Wanderer, der schon in den Alpen oder ähnlich hohen Gebirgen war, zumindest gewöhnungsbedürftig. Aber warum nicht? Jeder hat das Recht auf seine Anhöhen in seiner Heimat stolz zu sein. Nach dem obligatorischen Gipfelfoto stellen wir fest, dass wir auf dem Hinweg wohl das Steinplattengrab Adamshai verpasst haben.

Mann in kurzen Hosen mit Handschuhen
Als wir noch überlegen, ob wir dorthin noch einmal zurückgehen sollen, kommt uns der Zufall in Form eines männlichen Spaziergängers in kurzen Hosen (!!!) aber mit schwarzen Lederhandschuhen entgegen. Wir erkennen, in dieser Gegend ist man(n) hartgesotten. Wir sprechen den freundlichen Herrn an, der uns zunächst den Weg zum Steinplattengrab erklärt, gleichzeitig aber davon abrät und uns stattdessen die Amplebener Kuhlen empfiehlt. Die seien viel interessanter als das Grab. Hm, jetzt sind wir in der Zwickmühle. Allerdings können wir nicht einschätzen, wie weit diese Kuhlen wohl entfernt sind und entscheiden uns dann dafür, diese Sehenswürdigkeit bei einer anderen Tour zu berücksichtigen.

Vom Eilumer Horn steigen wir am Südrand des Elms ab und erreichen die Obstbaumsiedlung oberhalb von Evessen. Der Wind hat zwischenzeitlich richtig aufgefrischt und da wir an dieser Stelle relativ ungeschützt sind, intensivieren wir unsere Schrittgeschwindigkeit. An einen Halt auf freier Strecke ist nicht zu denken. Dennoch fesselt uns der Blick auf die Felder und die Obstbäume. Ich stelle mir vor, dass dieser Platz in den Frühjahrs- und Sommermonaten sicherlich eine Augenweide ist.

Hexengeld und Sonnenräder
Wir erreichen den Wanderparkplatz Am Borrwege. Ein Stückchen weiter stoßen wir auf einen weiteren Parkplatz, wir haben den Erlebnissteinbruch Markmorgen erreicht. Wir schauen uns ein wenig um und informieren uns über die Geologie und Waldentwicklung des Standorts auf Schautafeln. Um an diesem Tag nach Fossilien zu schauen ist es leider zu kalt. Übrigens, Hexengeld und Sonnenräder sind charakteristische Fossilien des Oberen Muschelkalk.
Nach einer kurzen Pause ziehen wir weiter, wandern über eine Wiese und genießen wiederum einen herrlichen Blick über die Hügellandschaft des Reitlingstals.

Ein Moment der Vollkommenheit
Als wir Erkerode fast wieder erreicht haben, geschieht das Unerwartete: Die Sonne bricht durch die Wolken. Es ist unglaublich, wie sich das Landschaftsbild innerhalb von Sekunden von einem eher grauen Einerlei in ein lebendiges und sogar romantisch wirkendes Naturschauspiel verwandelt. Selbst die Schafe, die wir an dieser Stelle zum zweiten Mal passieren, wirken malerisch wie aus einem Inga-Lindström-Feel-Good-Movie.

Wir nutzen das Sonnenintermezzo mit dem kurzzeitigen blauen Himmel, um uns im historischen Teil von Erkerode umzuschauen. Die Sonnenstrahlen glitzern auf der Wabe und lassen die renovierten Fachwerkhäuser rund um den alten Ortskern aufleuchten. Wir erleben eine sehr schöne Stimmung. Es ist still, wir hören lediglich das Rauschen des Baches. Ein Moment der Vollkommenheit. Das Ganze wirkt wie eine Metapher, so, als würden wir uns in einem Theaterstück befinden. Als wir in Erkerode eintreffen, werden die roten schweren Theatervorhänge zur Seite gezogen und das herrliche Bühnenbild erfreut uns. Als wir unseren Rundgang beenden, werden die Textilbahnen wieder geschlossen. Die Sonne verschwindet hinter den Wolken, der Wind bläst uns erneut kalt ins Gesicht.

Entlang der Wabe wandern wir zurück zum Rittergut in Lucklum. Gute 14 km haben wir heute genossen. Wieder bin ich positiv überrascht, welche herrlichen Wanderwege und Naturschönheiten der Elm bereithält.

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