Völlig von der Rolle: Eine Schutzhütte im Wald

Christina/ Juni 8, 2021/ Alltagsgeschichten

Der Frühling hat es bereits getan und der Sommer scheint zu folgen: Die schönsten Jahreszeiten lassen uns bislang im Stich. Völlig von der Rolle, ausgepowert durch den Corona-Stress und andere Dinge, umgeben von Nieselregen und Nebel rettet uns eine Holzbude den Tag: die Schützhütte Rolle bei Hahnenklee. Da wir an diesem Tag wirklich keine Aussicht auf die Umgebung haben, erscheint uns der Unterschlupf fast wie eine Fata Morgana in der Wüste. Ein Trugbild, dem wir erst glauben, als wir uns hier niederlassen und das Balsam für unseren Seelen ist.

Der “schwierige” Heilklimaweg
Noch am Freitag ist für Sonntag bestes Wanderwetter angesagt, dann dreht sich das Glück. Von Regen mit einer 80 prozentigen Wahrscheinlichkeit ist plötzlich die Rede. Was tun? Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es meistens nichts so schlimm kommt, wie es angesagt ist. Also sind wir zuversichtlich. Aber: Am Sonntagmorgen regnet es erstmal. Wir wollen es trotzdem versuchen. Als Wanderung haben wir uns diesmal den “schwierigen Heilklima-Wanderweg um Hahnenklee” herausgesucht. Und da uns dieser beim Durchlesen der Beschreibung so gar nicht schwierig vorkommt, verlängern wir die Strecke ganz unfreiwillig mal wieder auf unsere eigene Art.

Stochern im Nebel
Als ich den Bahnhof von Seesen erreiche regnet es. Noch kein Grund zur Sorge, laut Wetter-App soll es ab 12 Uhr trocken sein. Wir fahren nach Hahnenklee. Der beliebte Kur- und Wanderort wirkt wie ausgestorben. Wegen des Nebels ist sowieso nicht viel zu erkennen. Aufgrund von Bauarbeiten und mangelnder Ortskenntnis finden wir nicht sogleich unseren Ausgangspunkt. Unser Auto stellen wir dann in der Nähe des Ferienparks ab und tatsächlich kommen wir von dort direkt an die Triftstraße, von hier aus starten wir ganz ordnungsgemäß.

Auch die “Hahnenkleer Bergstraße”, die wunderbar von Kastanienbäumen gesäumt ist, finden wir sofort. Der Alleecharakter des Weges sagt uns zu und stimmt uns hoffnungsvoll für die weitere Strecke. Wir sind uns sicher, dass alles gut ausgeschildert ist und wir unseren Weg finden. Nach kurzer Zeit erreichen wir das “Oberförster-Hermann-Müller-Denkmal” auch dies ganz nach Programm. Hier halten wir uns aber nicht weiter auf und folgen dem Weg zum Diestelplatz. Auch das klappt ohne Probleme. Weiterhin geht alles gut bis zur Wegspinne “Rolle”. Der Nieselregen, mal stärker, mal schwächer ist unser ständiger Begleiter. Christian unterhält uns aber mit ein paar netten Geschichten, sodass die Zeit bis zu dieser Weggabelung schnell vergeht.

Wo ist der Rinderstall?
Dann allerdings machen wir einen entscheidenden Fehler. Wir weichen von der Route ab. Wir wollen zum Rinderstall, einer Waldgaststätte, die gemäß der Ausschilderung nur 1.2 Kilometer entfernt sein soll.

Nach dem langen Lockdown wollen wir uns endlich mal wieder eine gemütliche Kaffeerunde gönnen, also entscheiden wir uns für den kleinen Umweg. An der nächsten Kreuzung aber passiert es, der Wegweiser liegt umgefallen im Graben. Na prima. Welcher Weg ist nun der richtige? Wir folgen dem Forstweg bis wir plötzlich an einer Autostraße förmlich im Nichts stehen. Das gibt es doch nicht! Wir schauen uns hilf- und ratlos an. Es bleibt uns nichts Weiteres übrig als umzudrehen. Auf halber Strecke kommt uns ein Wanderer entgegen. Ich spreche den Mann an und frage nach dem Rinderstall. Der Wanderer lächelt etwas in sich hinein und erklärt uns, dass der Rinderstall hier gleich auf der linken Seite käme. Wir sind verwundert, aber, er wirkt selbstsicher.

Die Rettung: die Schutzhütte Rolle
Wir gehen weiter. Weit und breit ist nichts von der Gaststätte zu sehen. Wir erreichen erneut das umgefallene Hinweisschild und sind genauso ratlos wie vorher. Hier ist nichts. Wir gehen einen Parallelweg zurück und landen auch in einer Parallelwelt. Jetzt wissen wir gar nicht mehr, wo wir sind. Nach einigem Hin- und Her erreichen wir erneut die Wegspinne “Rolle”. Auf dem Wegweiser sehen wir, dass es auch eine gleichnamige Schutzhütte gibt. Wir folgen der Ausschilderung und besteigen einen kleinen, schmalen Pfad. Genau so einen haben wir uns gewünscht. Dann können wir unseren Augen kaum trauen, denn vor uns taucht einer Fata Morgana gleich eine sehr schöne Hütte in herrlichster Umgebung auf. Der Unterschlupf ist im wahrsten Sinne die Rettung des Tages. Hier machen wir Halt. Wir packen unser Vesper aus und Christian spendiert eine Runde guter Dinkelkekse, die wirklich lecker sind.

Jetzt geht es uns besser, jetzt können wir auch diesem trüben Tag etwas Freude abgewinnen. Auch ohne Aussicht fühlen wir uns hier wohl. Wieder etwas besserer Stimmung machen wir uns auf den weiteren Weg. Unser nächstes Ziel soll die Altarklippe sein. Auch dieser Aussichtspunkt ist allerdings völlig im Nebel verschwunden. Da der eigentliche Weg zur Klippe gesperrt ist, was wir allerdings zu spät merken, gehen wir fälschlicherweise bergab und verlassen damit unsere Route. Als uns dies auffällt, müssen wir den Berg wieder hoch. Jetzt verlässt uns doch langsam die Wanderlust.

Wir möchten nun auf dem schnellsten Weg zurück nach Hahnenklee. Wieder geht es über die Wegspinne “Rolle” und dann kommt uns sogar das Wissen aus unserem ersten Umweg zu Gute: Wir wählen den Wanderpfad “Keilerstieg”, um nach Hahnenklee zurück zu kommen. Da erleben wir zum Abschluss unserer etwas missglückten Wanderung noch eine schöne Überraschung. Der Keilerstieg stellt sich als sehr attraktiver Wanderpfad heraus und führt uns am Pfeiffer-Brunnen vorbei direkt zurück zu unserem Ausgangspunkt.

Alles zu!
Es ist fast 17 Uhr als wir das Auto erreichen. Jetzt möchten wir uns noch einen Kaffee gönnen. In Hahnenklee haben wir aber kein Glück, denn alles schließt um diese Zeit. Ein wenig traurig fahren wir Richtung Seesen, das italienische Eiscafé hat bestimmt noch auf. Tatsächlich schaffen wir es gerade noch Eis und Kaffee zu bestellen. Dann fällt uns auf, dass wir in disen Café auch das letzte Mal gesessen haben als es noch möglich war einzukehren, also lange vor dem letzten Lockdown. Kinder, wie die Zeit vergeht.

Ach ja und die tatsächliche Fata Morgana an diesem Tag ist wirklich der Rinderstall. Ich habe keine Ahnung, welcher Rinderstall an dieser Stelle gemeint war, aber in der Tat liegt die Waldgaststätte Rinderstall bei St. Andreasberg!

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