Auf und ab einer Porzellanmanufaktur: 275 Jahre Fürstenberg

Christina/ September 18, 2022/ Alltagsgeschichten, Kultur

Bereits in diesem Jahr sind wir dort gewesen, in der Fürstenberger Porzellanmanufaktur. Auf unserer Radtour entlang der Weser werden wir auf das Schloss Fürstenberg aufmerksam. Und natürlich werfen wir bei der Gelegenheit auch einen Blick auf das schöne Porzellan. An diesem Samstag wollen wir mehr über die Geschichte der Manufaktur erfahren. Im Städtischen Museum Braunschweig lauschen wir den Worten von Dr. Christian Lechelt, dem Leiter des Museum Schloss Fürstenberg.

Hochtechnologie wie bei Tesla
Die Herstellung von Porzellan war im 18. Jahrhundert ein streng gehütetes Geheimnis. Nur wenige Menschen, die sogenannten Arkanisten, sind seinerzeit dieser Technik mächtig. “Die Herstellung von Porzellan”, so lässt uns Lechelt wissen, “galt zu der Zeit als absolute Hochtechnologie. Vergleichbar etwa mit der Gigafabrik von Tesla in Grünheide.” Dabei war der Anfang wirklich steinig. 1747 durch Herzog Carl I. auf der ehemaligen Ruine von Schloss Fürstenberg gegründet, will der Herrscher eine Porzellanherstellung ins Leben rufen, die für den freien Markt produziert. Ein absolutes Novum. Zu der Zeit nämlich wurde in erster Linie für den Hof fabriziert. Das Herstellungsrezept des feinen Geschirrs wurde wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Schließlich gehörte es in Adelskreise zum guten Ton eine eigene Manufaktur zu haben.

So sind der Herzog und sein Hofjägermeister Johann Georg von Langen auf die Expertise eines Wander-Arkanisten angewiesen. Johann Christoph Glaser tritt in ihr Leben. Glaser ist Porzellanmaler und nach eigener Aussage Arkanist. Die “Jungunternehmer” Herzog Carl I. und von Langen müssen Lehrgeld bezahlen. Ganze fünf Jahre dauert es, bis die beiden realisieren, dass Glaser sie an der Nase herumgeführt hat.

Herzog Carl I. und von Langen greifen zu modernen Mitteln und werben Johann Killian Benckgraff von der Höchster Porzellanmanufaktur ab. Das neue Glück hält allerdings nicht lange: Benckgraff stirbt im Jahre 1753. Allerdings hat er von Langen vorab das Geheimnis der Porzellanherstellung verraten. Ab 1753 wird also in Fürstenberg produziert.

Europäisches Porzellan-Pompeji
Lechelt verrät uns noch ein Geheimnis. Nämlich, dass die Überreste des ehemaligen Porzellanhauses im Kreise der Eingeweihten auch als “Europäisches Porzellan-Pompeji” genannt wird, weil dort tatsächlich die ältesten Porzellanreste Deutschlands gefunden wurden – Meißen gehört zu der Zeit noch zur DDR.

Die Polnischen Porzellanmädchen
Nach gut 1,5 Stunden beendet Lechelt seine Reise durch die wechselvolle Geschichte der Fürstenberger Porzellanmanufaktur. Das Publikum darf noch Fragen stellen. Eine Dame wundert sich darüber, dass die vorgestellten Porzellanmaler alle männlichen Geschlechts sind, wie z.B. Christian Gotthelf Beuchel oder Johann Philipp Zisler. Tatsächlich waren seinzeit die einzigen weiblichen Hände, die sogenannten Polnischen Porzellanmädchen, die sich nicht als Künstlerinnen sondern Arbeiterinnen betätigen durften. Man(n) bzw. Frau ahnt natürlich bereits, dass es sich heute anders verhält.

Auch, wenn der Vortrag gegen Ende ein wenig zu lang gerät, sind die Informationen und Anekdoten von Christian Lechelt sehr interessant bis amüsant. Ein kurzweiliger Nachmittag, wie man ihn bei dem gestrigen Regenwetter vermutlich gar nicht unterhaltender verbringen kann.

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