Der Adonis vom Heeseberg

Christina/ April 12, 2021/ Alltagsgeschichten

Eigentlich heißt es bei Willy Fritsch:“Wenn der weiße Flieder wieder blüht”. In diesem Fall dürfen es aber gelbe Gewächse sein, denn wir bestaunen an diesem Sonntag eine echte Rarität: die Frühlings-Adonisröschen. Diese wunderschöne Pflanze steht in Deutschland unter Naturschutz und kommt nur noch in einigen isolierten Gebieten vor. Eines dieser Territorien ist der Heeseberg bei Watenstedt, der zufällig auch noch einen interessanten Geopfad zu bieten hat, denn hier befinden wir uns im oberen Teil des Unteren Buntsandsteins, der sogenannten “Rogenstein-Zone”. Sowohl Naturliebhaber als auch Biologen und Geologen kommen bei dieser Wanderung auf ihre vollen Kosten.

St. Stephan und ein geschlossenes Museum
Wir lassen uns von der Tour Heeseberg – Adonisröschen – Watenstedt inspirieren. Mein Wanderpartner hat sich den Track auf’s Handy heruntergeladen, was in diesem Fall wirklich besser ist, da es keinerlei Ausschilderung gibt. Nur der Geopfad auf dem Heeseberg selbst ist markiert.

Auf dem Weg zum Ausgangspunkt in Watenstedt begegnen wir Till Eulenspiegel. Der Schöppenstedter Narr sitzt vor einem schlossartigen Altenheim. Nun ja, auch an Spaßmachern nagt der Zahn der Zeit. Wir erreichen Watenstedt. Frederik hat sich im Vorhinein einen Wanderparkplatz ausgesucht, der bei näherer Betrachtung doch keine gute Wahl zu sein scheint. Zwielichtige Gestalten in zweitklassigen SUVs treiben hier bereits ihr Unwesen. Wir entschließen uns für eine Nebenstraße in Watenstedt, dort scheint uns das Auto sicherer zu stehen.

Wir machen los und ziehen als erstes durch den Ort, schließlich stehen bereits zwei Sehenswürdigkeiten auf dem Programm: die Kirche St. Stephan und das Heeseberger Museum. Da beide Einrichtungen aufgrund von Corona geschlossen sind, werfen wir nur einen kurzen Blick auf die Attraktionen und gehen weiter in Richtung Beierstedt. Wir verlassen Watenstedt am Ortsausgang und biegen linker Hand in einen Feldweg. Dieser führt uns schnurgerade in den nächsten Ort. Auf dem Weg dorthin dürfen wir aber zum einen eine Amsel bestaunen, die den Tag begrüßt. Zum anderen zieht ein herrschaftliches Gehöft meinen Blick auf sich.

Hoffen und vertrauen
“Hoffen und vertrauen” so steht es an einer Häuserwand in Beierstedt. Sicherlich zwei gute Stichworte, die gerade in der vorherrschenden Corona-Pandemie ihre Berechtigung haben. Wir passieren das Gut Reinau mit seinem Hirschemblem. Ich halte immer noch Ausschau nach “meinem” Gutshof, gerne würde ich Näheres erfahren. Kurz vor der Domäne spricht Frederik eine Hundebesitzerin an, ob sie denn Auskunft über das Gebäude geben kann. Leider haben wir kein Glück. Ich sehe, dass die Straße auf dem das Gut steht “Hinter der Schmiede” heißt. Daraus schließe ich, dass es sich vermutlich um eine alte Schmiede handelt. Mehr erfahren wir aber leider nicht.

Wer piept denn da?
Kurze Zeit später geht es rechts hoch zum Heeseberg. Aus den Bäumen vernehme ich wunderschöne Vogelstimmen und möchte gerne wissen, in welchem Baum der Piepmatz wohl sitzt. Nach einer Weile habe ich ihn. Leider bin ich in der Thematik der heimischen Flora und Fauna nicht besonders firm. Nun hätte ich aber schon gerne gewusst, wie das hübsche Tier denn heißt. Frederik kann Abhilfe schaffen. Es handelt sich um eine Kohlmeise. Es ist schon interessant, was ich alles hören und sehen kann, wenn ich eine Weile stillstehe und mich nur auf meine Umgebung konzentriere.

Wir gehen ein Stück bergauf und erreichen zunächst die Gaststätte Heese 5. Unterhalb des Lokals befindet sich eine Bank mit einem schönen Weitblick. Hier nehmen wir kurz Platz und lauschen nochmals den Klängen der Vögel. Frederik hört eine Blaumeise und eine Feldlerche heraus. “Nach Spatz und Amsel”, so weiß er noch, “ist die Kohlmeise wohl der häufigste Singvogel in Deutschland. Ich staune, wieder etwas gelernt!

Wir nähern uns dem Speiselokal und erspähen dahinter den Heesebergturm. Das handgeschriebene Angebot auf der Schiefertafel vor der gastronomischen Einrichtung lockt mit Süßkartoffelsuppe und Steinpilzeinlage, aber eben “to go”. Hm, passt leider gerade nicht so gut, dafür ist der 20 Meter hohe Turm aber frei begehbar, also nichts wie rauf. Von oben eröffnet sich ein schöner Ausblick auf die Umgebung und den Heeseberg als Ganzes. Zeit für ein kurzes Mittagspäuschen.

Adonis mit Röschen
Aber wo sind denn jetzt meine versprochenen Adonisröschen? Langsam befürchte ich schon, dass wir heute vielleicht gar keine sehen werden? Nun zunächst wird es erdgeschichtlich, wir erreichen die Stromatolithen und schauen uns die Infotafel an. Ich entdecke einen Zeitstrahl. Ich frage mich, wie man das Alter der Gesteinsarten wohl bestimmen kann? Später erfahre ich, dass das wohl über sogenannte Leitfossilien möglich ist. Verrückt, wenn man sich kurz vorstellt, auf welchem altem Boden wir hier stehen.

Als nächstes erreichen wir den Steinbruch Rogenstein, deren Gebilde ein wenig an Kaviar erinnern, vermutlich aber weniger gut munden. Mich drängt es aber zu den Röschen und tatsächlich sehen wir aus der Ferne endlich gelbe Tupfer aus dem Trockenrasen hervorstechen. Da sind sie, die seltenen und darum heiß begehrten Adonisröschen. Zunächst sind es nur einige verstreute Pflanzen, die sich uns zeigen. Kurz darauf erreichen wir aber eine Wiese, auf der sich die gelben Frohnaturen in ganzer Schönheit zeigen. Grund genug für Frederik, sich vor eine der Blüten zu werfen, so entsteht das Bild: Adonis mit Röschen, sehr zur Erheiterung des umstehenden Publikums.

Gelbe Sonne, blaue Veilchen
Nicht nur die wie gelbe Sonnen wirkenden Adonisröschen erfreuen uns. Ebenso wachsen blaue Veilchen auf dem Heeseberg, sehr zur Freude einiger fideler Hummeln, die sich hier hoch erfreut tummeln. Mit ein bisschen Geduld gelingt mir auch an dieser Stelle ein schönes Foto.

Die jungbronzezeitliche Außensiedlung “Hünenburg”
Auf dieser Wanderung erwartet uns noch ein weiteres Highlight: die jungbronzezeitliche Außensiedlung “Hünenburg”. Nun, hier sind die Erwartungen etwas höher als uns die Realität bieten kann. Außer einer Schautafel, platziert an der Stelle, wo die Burg einst gestanden haben mag, ist nichts weiter zu sehen.

Aus dem Westen ziehen langsam dunkle Wolken auf und auch der Wind wird stärker. Zum Glück sind wir fast am Ende unserer Wanderung angelangt, Watenstedt ist bereits in Sichtweite. Trocken erreichen wir unser Auto und grüßen noch einmal Till Eulenspiegel vor seinem Alterssitz bevor es nach Braunschweig zurückgeht.

Link zur Tour

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